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Der Punk-Rock-Bluegrass küsst das Ufer des Lago Maggiore: The Dead South bei JazzAscona

Ein Interview von Martina Knecht | Read original English article

Scott Pringle, Nate Hills und Danny Kenyon von The Death South bei ihrer Ankunft in Ascona. Alle Fotos in diesem Beitrag sind von Gioele Pozzi, @ 2022 JazzAscona.



Am 27. Juni 2022 machten The Dead South für das einzige Konzert ihrer Tournee südlich der Alpen bei JazzAscona Halt. Getragen von Nate Hilts' Stimme, einer Instrumentierung aus Gitarre, Mandoline, Cello und Banjo und einem Repertoire aus bekannten Covers und Eigenkompositionen, hat die kanadische Band seit 2016 einen beachtlichen Popularitätszuwachs zu verzeichnen – als das Video zu In Hell I'll Be In Good Company aus ihrem Debütalbum zu einem YouTube-Phänomen wurde, das bis heute fast 300 Millionen Aufrufe verzeichnet.


Vor dem Konzert auf der spektakulären, von Wasser umgebenen New-Orleans-Bühne in Ascona, habe ich Colton Crawford, den Banjospieler von The Death South, interviewt.





Von der Art, wie wir Songs schreiben und auftreten, fühlen wir uns eher wie eine Punk- oder Rockband.


Ihr seid The Death South. Der Name weckt viele Assoziationen. Was hat euch vor zehn Jahren dazu bewegt, diesen Namen auszuwählen?


Wir hatten einen Schlagzeuger in der Band und er schlug den Namen The Dead Souths vor, aber wir mochten den Klang des Plurals «Souths» nicht, also haben wir das «s» weggelassen. Der Name schien zur Musik zu passen, und so ist er geblieben. Wir standen kurz vor unserem ersten Auftritt im Lokal von einem Freund, und wir hatten noch keinen Namen! Also mussten wir uns etwas einfallen lassen, und dieser Name ist hängen geblieben.





Was ist eigentlich die Essenz der Bluegrass-Kultur? Was können wir auf der Bühne von Ascona erwarten?


Wir sind keineswegs eine traditionelle Bluegrass-Band, sondern bringen unsere Version von Bluegrass mit Punk-, Rock- und Metal-Einflüssen nach Ascona,. Das ist die Musik, mit der wir aufgewachsen sind. Von der Instrumentierung her sind wir zwar eine Bluegrass-Band, aber von der Art, wie wir Songs schreiben und auftreten, fühlen wir uns eher wie eine Punk- oder Rockband. Wir lieben die Bluegrass-Musik nach wie vor, vor allem das erzählerische Element, das auch in unserer Musik sichtbar ist.


Es ist bei und so flach, dass wir zum Spass sagen, man könne seinen Hund drei Tage lang weglaufen sehen – und das stimmt auch!


Euer Sound basiert auf einer Konfiguration aus Cello, Mandoline, Banjo und Gitarre. Wie ist es dazu gekommen? Wie sind diese Instrumente zusammengekommen um die Death South zu bilden, die wir heute kennen?


Ich hatte gerade angefangen, Banjo zu lernen, und Nate hatte gerade angefangen, mit der Akustikgitarre zu singen und Songs zu schreiben. Danny hatte schon immer Cello gespielt und Scott hatte noch nie eine Mandoline in der Hand gehabt, bevor er der Band beitrat. Das waren im Grunde die Instrumente, die wir zur Verfügung hatten, und mit denen wir gespielt haben. Wir hatten nicht vor, eine Bluegrass-Band zu gründen, wir dachten nicht einmal daran, ein Album aufzunehmen oder Konzerte zu spielen. Wir waren einfach nur Freunde, die zum Spass miteinander Musik machten. Genau wie es mit unserem Namen passiert ist, ist unsere Musik gut angekommen, also haben wir einfach weitergemacht. Wir haben auf unseren vier Instrumenten geübt und herausgefunden, wie wir mit diesen interessante Songs machen können.




Ihr kommt aus Regina, in der kanadischen Region Saskatchewan, und habt es von dort aus weit gebracht. Wie würdest du deinem Schweizer Publikum deine Heimatstadt beschreiben?


Es ist sehr flach. Weizen- und Rapsfelder, so weit das Auge reicht. Es ist so flach, dass wir hier zum Spass sagen, dass man seinen Hund drei Tage lang weglaufen sehen kann – und das stimmt auch! Das Motto der Provinz lautet «Land des lebendigen Himmels», denn man kann bis zum Horizont sehen und der Himmel ist voller schöner Landschaften. Regina ist eine kleine Stadt mit etwa 300'000 Einwohner:innen, ein sehr ruhiger Ort. Ich geniesse es, nach einer Tournee nach Hause zurückzukehren und dort die Dinge ein wenig entschleunigen zu lassen.




Wir versuchen einfach, so lange wie möglich die Welle zu reiten. Wir werden sehen, wie weit sie uns trägt.


Diesen Sommer gebt ihr Dutzende von Konzerten in Europa und den USA. Euer Terminkalender ist bis 2023 ausgebucht. Gleichzeitig habt ihr gerade das Doppelalbum Easy Listening for Jerks (2022) veröffentlicht. Wie schafft ihr den Spagat zwischen Live-Konzerten und der Produktion neuer Songs?


Dieses Jahr waren wir hauptsächlich auf Tournee und haben nicht viel neues Material geschrieben. Anfang 2023 werden wir ein paar Monate zuhause bleiben. Da werden wir uns wieder hinsetzen und songs schreiben. Wenn wir unterwegs sind ist es eher schwierig, Songs zu schreiben, also konzentrieren wir uns auf unsere Auftritte und spielen die Songs, die wir bereits kennen. Wenn wir dann zurückkommen, setzen wir uns zusammen, um zu schreiben.





Beständigkeit bringt Erfolg.


Ihr habt eine grosse Fangemeinde. Eure Musikvideos haben Hunderte Millionen Aufrufe auf YouTube. Das muss aufregend sein! Was ist passiert?


Wir hatten Glück. Jemand hat das Musikvideo zu In Hell I'll Be In Good Company auf Reddit gepostet und das hat uns Millionen von Aufrufen auf YouTube und grosse Bekanntheit eingebracht. Das war sozusagen unser «grosser Durchbruch». Es ist ziemlich unglaublich, dass das passiert ist. Wir haben nicht von alldem erwartet, also versuchen wir einfach, so lange wie möglich die Welle zu reiten. Wir werden sehen, wie weit sie uns trägt.


Was rätst du angehenden Musikern:innen, die ihren Platz in der Musikindustrie finden wollen?


Üben, Üben, Üben. Übe ständig, führe deine Songs ständig auf. Wenn du live spielen willst, spiel so viel du kannst. Wenn du aufnehmen willst, nimm so viel auf wie du kannst. Sei aktiv und und mach deine Arbeit. Meiner Meinung nach bringt Beständigkeit zum Erfolg. Denke nicht zu viel darüber nach, tue es einfach! Und hab' Geduld! Ich würde noch hinzufügen, dass man versuchen muss, etwas zu finden, mit dem man sich von der Masse abhebt. Wir haben die Kleidung und die skurrilen Tanzschritte. Wenn ihr das Musikvideo zu In Hell gesehen habt und ein Bild von uns seht, wisst ihr, wer wir sind. Es ist sehr wichtig, etwas zu haben, das dich von anderen unterscheidet.


 

Das Interview von Martina Knecht mit The Death South wurde am 26. Juni 2022 in der Tessiner Presse veröffentlicht, siehe hier.


Hier geht's zum Video-Interview mit The Death South, das Riccardo Galli für Radiotelevisione della Svizzera italiana RSI in Zusammenarbeit mit dem Conservatorio Internazionale di Scienze Audiovisive CISA in Locarno geführt hat.


Die Autorin dankt Colton Crawford für seine Einsichten sowie Emily Smart, Luca Martinelli und dem gesamten Team von JazzAscona, die dieses Treffen ermöglicht haben.

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