Ein Interview von Martina Knecht | Read original English article
Ida Nielsen auf der Bühne mit ihrem Signature-Bass. Alle Bilder in diesem Beitrag sind von Gioele Pozzi, © 2022 JazzAscona.
In sechs Jahren enger Zusammenarbeit mit Prince habe ich sehr viel über jeden Aspekt des Musiker:innendaseins gelernt.
Ein knallhartes Mädel! Wort von Prince. Die dänische Bassistin, Sängerin und Komponistin, die 2010 von ihm «entdeckt» wurde, war festes Mitglied von The New Power Generation und dem Rocktrio 3rdeyegirl und spielte bis zu seinem frühen Tod 2016 an der Seite des Maestros. Nach ihren Jahren mit Prince konzentrierte sich Ida Nielsen auf ihre Solokarriere. Heute geht sie mit ihrem energiegeladenen Mix aus Jazz, Old School Funk, Hip-Hop und Soul mit ihrer Band, den Funkbots, auf Tournee durch Europa, Asien, Australien, Brasilien und die Vereinigten Staaten. Die Liebe zur Funkmusik, sagt sie, ist die grösste Motivation, die sie auf den Bühnen der Welt antreibt.
Am 2. Juli 2022 gaben Ida Nielsen & The Funkbots am JazzAscona-Festival ein mit Spannung erwartetes Konzert. In diesem Interview spricht die Musikerin über ihre Karriere und das künstlerische Vermächtnis von Prince.
Ida Nielsen & The Funkbots bei JazzAscona 2022: Ida Nielsen (Bass und Leadgesang), Kuku Agami (Rap und gesprochenes Wort), Mika Vandborg (Gitarre und Hintergrundgesang), Patrick Dorcean (Schlagzeug und Elektronik).
Als Prince dich unter Vertrag nahm, warst du bereits dabei, mit den Funkbots und ein paar Soloalben dein künstlerisches Imperium aufzubauen. Dann änderte sich dein Werdegang. Wie kam es dazu?
Kurzversion: 2010 bekam ich einen Anruf von seiner Managerin, die sagte, Prince habe meine Myspace-Seite gesehen und würde gerne mit mir jammen. Also bin ich nach Minneapolis gefahren, um zu jammen, und nachdem wir etwa 20 Minuten gespielt hatten, lud er mich ein, mit seiner Band The New Power Generation auf Tour zu gehen. So begann das Abenteuer [lächelt].
Wie war es, mit Prince zu arbeiten?
Für mich ist ein Traum in Erfüllung gegangen... Prince hatte schon immer einen grossen Einfluss auf mich, schon bevor ich ihn kennengelernt habe. Natürlich habe ich in den sechs Jahren unserer enger Zusammenarbeit viel über jeden Aspekt des Musiker:innendaseins gelernt. Er war wirklich ein Genie und brachte uns alle dazu, jede Entscheidung, die wir trafen, zu überdenken – sei es aus der musikalischen oder der praktischen Perspektive. Ich bin dankbar, dass ich die Gelegenheit hatte, seine Arbeitsweise sozusagen aus der ersten Reihe zu beobachten. Ich habe von ihm so viel über das Musikspielen, Arrangieren und Produzieren gelernt. In meinem musikalischen Leben schöpfe ich immer wieder von diesem Wissenspool, nicht nur bei der Studioarbeit, sondern vor allem auch bei meinen Live-Auftritten.
Ich bin sehr dankbar dass es Leute gibt, die basslastige Funkmusik hören wollen!
Diesen Sommer tourst du mit den Funkbots durch Brasilien und Europa. Wie ist es, als Bandleaderin auf Tour zu gehen?
Es ist ein fantastisches Gefühl! Auch wenn die Arbeitsbedingungen und die Bühnen nicht auf demselben Niveau sind, wie ich es mit Prince gewohnt war, ist es dennoch sehr befriedigend, seinen Lebensunterhalt mit der Komposition und Aufführung der eigenen Musik zu bestreiten. Ich bin sehr dankbar, dass das möglich ist und dass es Leute gibt, die basslastige Funkmusik hören wollen!
Du hast mit dem deutschen Hersteller Sandberg Guitars deinen Signature-Bass entwickelt. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit und was zeichnet deine Bassgitarre aus?
Ich kenne Holger, den Gründer von Sandberg Guitars, schon seit vielen Jahren. 2009, ein Jahr bevor ich zu Prince stosste, schenkte er mir aus reiner Freundlichkeit einen Bass, den ich wirklich liebte. Als es also darum ging, ein Signature-Modell zu kreieren, fühlte es sich ganz natürlich an, es mit ihm zu machen. Aber natürlich gibt es viele sehr gute Bassbauer da draussen – ich mag einfach die Sandberg-Bässe.
Mein Signature-Bass hat zwei Tonabnehmer: einen vorne für den Old-School-Funk-Sound, den ich liebe (wie Larry Graham zum Beispiel), und einen anderen, der einen Sound erzeugt, der sehr ähnlich wie der von Jaco Pastorious ist. Das sind zwei sehr unterschiedliche Klänge, die ich beide liebe. Die Kombination der beiden bietet eine grosse Vielfalt im Klangspektrum, und erzeugt einen moderneren, sanfteren klang. Der Bass ist schwarz-gold und ich finde ihn wirklich schön [lächelt].
Dein fünftes Album 02022020 wurde 2020 veröffentlicht. Das war das Jahr, in dem die Pandemie ausbrach. Wie waren deine Gefühle zu dieser Zeit?
Das Album wurde am 2. Februar veröffentlicht, kurz bevor die Pandemie wirklich zuschlug (zumindest in Dänemark). Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung war ich mir also nicht wirklich bewusst, was auf uns zukommen würde.
Die darauf folgenden Covid-Einschränkungen haben die gesamte Kunst- und Kulturindustrie lahmgelegt. Wie haben die zwei Jahre der Pandemie deinen künstlerischen Prozess verändert?
Die Covid-Pandemie hat bei mir mehrere Dinge bewirkt. Ich habe es wieder schätzen gelernt, live zu spielen. Mir ist bewusst geworden, wie wichtig es ist, das Jetzt und die guten Dinge im Leben zu schätzen, wie die Natur und die Familie. Ich konnte mich vom ganzen Stress mit den Terminen und so erholen, und ich habe ein paar neue Musikprojekte gestartet, bei denen ich hauptsächlich Keyboards spiele und programmiere. Ich habe viele Wohnzimmeraufnahmen gemacht und der Stil ist etwas anders als meinen typischen Funk.
Welche Empfehlung würdest du jungen Musikerinnen und Musikern geben, die eine Karriere in der Musikindustrie anstreben?
Sie sollten unbedingt ihren Träumen folgen. Wenn man sich anstrengt und viel Arbeit hineinsteckt, so glaube ich, werden gute Dinge passieren!
Das Interview von Martina Knecht mit Ida Nielsen wurde am 1. Juli 2022 in der Tessiner Presse veröffentlicht.
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